Der Bücherstadl feiert seinen 50. Geburtstag

Besucher zum 50. Geburtstag des Bücherstadls. Mit einer Ausstellung von alten, religiösen Büchern.
Blättern in uralten Handschriften, Faksimiles, die meist nur in Vitrinen bestaunt
werden können: dieses Privileg hatten Gäste des Bücherstadls am Sonntag im
Rahmen seines 50jährigen Jubiläums.
Peter Machold stellte Kostbarkeiten aus seiner 1000 Exponate umfassenden
Sammlung aus. Und das Interesse war groß, zumal der sympathische
Weißenstädter zu jedem Stück eine historische Geschichte zu erzählen
wusste: Beispiel: das Lorscher Evangeliar, ein prachtvolles Kunstwerk. Ein Teil
ist in den Bibliotheken des Vatikans unter Verschluss, ein zweites Fragment
liegt in der Filiale des rumänischen Nationalmuseums Alba Julia. Die zum
Buchdeckel gehörenden Elfenbeintafeln befinden sich in den Vatikanischen
Museen und in dem Victoria-and-Albert-Museum in London. Eines von
Macholds Lieblingsstücken ist der Reisebericht des Marco Polo mit
phantastischen Geschichten, das Buch der Wunder“ aus dem 15. Jahrhundert.
Der Sammler nennt ihn eine „leuchtende Figur“ des Mittelalters“, die aber von
Zeitgenossen nicht ernst genommen wurde. Das änderte sich im Laufe der Zeit,
so dass Christoph Kolumbus Marco Polos Schriften als Anregung für seine
Entdeckungsfahrten nutzte.
Lieblingsexponat vieler Gäste aber war das „Berliner Stundenbuch der Maria
von Burgund“, das mit seinen farbintensiven Malereien faszinierte – und vor
allem die „Pamplona-Bilder-Bibel“, wofür sich der eine oder die andere
mehrmals die Baumwollhandschuhe für´s Darin-Blättern anzog. An dem sich in
der Nationalbibliothek Augsburg befindenden Original nagt der nicht
aufzuhaltende Bleifrass, weshalb es zur Faksimilierung freigegeben wurde:
Zwanzig Experten arbeiteten drei Jahre an der Herstellung der genauen Kopie.
Denn, ein Faksimile muss exakt dem Original entsprechen, bis ins kleinste
Detail, eingerissene Seiten und Notizen inklusive und dem damals verwendeten
Pergament gleichen, informiert der Sammler, der zu seinem Hobby gekommen
ist, wie „die Jungfrau zum Kind“. „Bekannte hatten mir die Sammlung in die
Hände gelegt, die ich nun ständig erweitere und ausbaue“ verrät er unserer
Zeitung und gesteht: Eine Leidenschaft, die mich nicht mehr loslässt“.
Bücherstadl-Leiterin Selma Markhof bedankte sich bei Peter Machold für seine
sehr sehens- und wertvolle Ausstellung, die eine große Bereicherung war für
die runde Geburtstagsfeier. Foto: bei der Ausstellungseröffnung mit
zahlreichen Gästen (Peter Machold, links, kariertes Hemd)

Im Pfarrsaal wurden zu Kaffee und Kuchen die neuesten Bücher ausgestellt.
Im Pfarrsaal wurden zu Kaffee und Kuchen die neuesten Bücher ausgestellt.

Die Gründerin des Bücherstadls, Marianne Specht, mit dem 1. Buch aus dem allerersten Bücherstadl, mit der Leiterin des Bücherstadl, Selma Markhof.
Leiterin Selma Markhof, rechts, und Namensgeberin des „Bücherstadls“
Marianne Specht zeigen das allererste Buch der Pfarrbücherei, „Vom Goldenen
Rom zur Welt“, das, so wünschte es sich der damalige Pfarrer Anton Winkler,
bei jeder Familie im Regal stehen sollte.

Und hier noch ein Bisschen zur Geschichte des Bücherstadls:

Der Bücherstadl der Pfarrei mit einem überaus reich bestückten, brandaktuellen Angebot ist längst zum Geheimtipp für große, kleine Leseratten und Wissbegierige geworden. Beherbergt er doch derzeit nicht weniger als 1792 Romane und Jugendbücher, 1085 Kinder-, 798 Sach- und 274 Hörbücher, außerdem ca. 1000 Medien aller Sparten als Leihgabe vom Michaelsbund in Regensburg, das Neueste vom Büchermarkt – noch druckfrisch – inklusive.
Jetzt feiert der Bücherstadl seinen 50. Geburtstag. Die Pfarrbücherei aber ist schon viel älter: Laut Reichenbergerischer Chronik war sie seit 1928 im Schwesternheim untergebracht und während des dritten Reichs verboten. Im Jahr 1957 hat Pfarrer Monsignore Anton Winkler im früheren Vereinshaus, der jetzigen Rosenthal/Vishay-Halle die Bücherei wiederöffnet – in einfachster Weise: Auf Bänken entlang der Wände stapelten sich die Bücher, da in den Räumen, die der Kirche gehörten, auch noch Filme liefen, Theater gespielt und getanzt wurde. 1961 zog man „in den himmelblauen Kiosk im
Brauhausgarten um „gleich neben der Viehwaage“ schmunzelt die Namensgeberin des Bücherstadls, Marianne Specht, die sich schon seit Anfang der 60er Jahre bis in die 70er Jahre hinein, unterstützt von Helferinnen und Helfern, nicht nur um guten Lesestoff, sondern auch um das arbeitsintensive Drumherum unter dem Dach des St. Michaelsbundes kümmerte. Der Bestand wuchs ständig, zumal es damals sogar einen Grenzlandzuschuss von 50 Prozent für Bücherbeschaffungen gab, erzählt die
Neubauer Gastwirtin. Zusammen mit dem Dorfpfarrer suchte sie also einen geeigneten größeren Standort und sie kamen auf die Idee, in den Stodl der Pfarrei, der allerdings landwirtschaftlich genutzt wurde, umzuziehen. Monignore Winkler erhielt die Genehmigung, allerdings nur mit der Auflage, dass der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt werden müsse, wenn wieder einmal ein Pfarrer kommt, der eine
Landwirtschaft betreiben will. „Mit einem Kostenaufwand von rund 32 000 DM – durchwegs aus Mitteln der Kirchenverwaltung – wie es in einem Bericht in der „Fränkischen Presse“ v. 21. Oktober 1968 heißt – war der Stodl nach einem grundlegenden Umbau zum schmucken (Bücher-)„Stadl“ geworden. „ Der Renner waren damals die Heimatromane von Hans Ernst, wovon die Leser gar nicht genug bekommen konnten“, erinnert sich Marianne Specht. Aber auch viele Sach- und vor allem Kinderbücher füllten die Regale – zudem die komplette Karl-May-Serie. Dem stimmt auch Annerose Daubner zu, die von der Neubauerin die Leitung übernahm und den Bücherstadl 42 Jahre lang führte, wofür sie auch mit der Goldenen Ehrennadel des St. Michaelsbundes ausgezeichnet wurde. „Neben Heimatromanen standen später auch vor Spannung knisternde Krimis auf der Wunschliste“, erzählt die ehemalige Leiterin, die auch heute noch im Bücherstadl aushilft, wenn Not an Frau ist. Marianne Specht, Annerose Daubner und ihre HelferInnen wurden auch regelmäßig geschult – in mehrtätigen Seminaren vom Michaelsbund in Regensburg, München und Würzburg – in Fachvorträgen, mit Neuvorstellungen und Autorenlesungen von Schriftstellern wie von Eugen Roth, Max Rössler und vielen anderen. „Von diesen prominenten Autoren hab´ ich heute noch persönlich unterzeichnete Bücher im Regal „ sagt die Neubauerin. Seit 2013 leitet Selma Markhof – unterstützt von einem engagierten Team, und – ebenso wie ihre Vorgängerinnen mit viel Herzblut – die der Zeit angepasste, aufgrund vieler Aktivitäten ausgezeichnete Bücherei . Das gesamte Angebot ist digitalisiert und die Homepage www.buecherstadl-fichtelberg.de ist stets auf dem neuesten Stand.